MORGEN:STERN – Auf den Spuren eines alten Liedes und der Librettisten Elisabeth Cruciger

So. 14.01.2024 um 17 Uhr

Vokalensemble Aelbgut
Isabel Schicketanz | Sopran
Stefan Kunath | Alt
Benjamin Glaubitz | Tenor
Martin Schicketanz | Bass

tiefsaits+
Alma Stolte, Anna Reisener & Mirjam-Luise Münzel | Viola da Gamba & Barockcello
Julius Lorschneider | Orgel & Cembalo
Christina Hahn | Dulzian & Blockflöten
Elisabeth Grümmer | Barockoboe
Sophie Wedell | Violine
Hedwig Ohse | Violine
Julia Nagel | Posaune

gefördert von

Bild: Rebekka Johne

Wer schreibt eigentlich die Texte der Lieder und Chöre, sagen wir- eines Johann Sebastian Bach?

Gerade im Kantatenrepertoire steht so oft eines im Mittelpunkt: das Wort;  Worte werden kostbar und farbig in Musik gekleidet.  Elisabeth Cruciger war eine Dichterin, die diese Worte aufschrieb. Wenn wir in der Renaissance und im Barock, vor allem im deutschsprachigen Raum, nach Frauenfiguren suchen, die komponierten und schrieben, bedarf es sehr guter Recherche- so einfach stößt man nicht auf sie, sie sind oft auch heute noch unsichtbar.

Elisabeth Cruciger (* um 1500 in Meseritz in Hinterpommern; † 2. Mai 1535 in Wittenberg) war die erste Librettistin für deutsche geistliche Lieder. Ihre Lebensgeschichte ist eng mit Martin Luther verknüpft: Sie stand im engen intellektuellen Austausch mit ihm und seinen Mitarbeitern, Katharina von Bora zählte zu ihren Freundinnen. Ihre Tochter Elisabeth heiratete Martin Luthers und Katharina von Boras Sohn Hans Luther.

Einer ihrer Texte erlangte besondere Bedeutung: Der Liedtext ”Herr Christ, der einig Gotts Sohn”. Er ist schon in einem der ersten gedruckten evangelischen Gesangbücher überhaupt zu finden- dem Erfurter Enchiridion oder Handbüchlein von 1524, noch im selben Jahr seiner Entstehung. Die Druckgeschichte dieses Büchleins lässt sich heute noch gut nachverfolgen- die Häuser, in denen es gedruckt wurde, haben heute noch den gleichen Ortsnamen in Erfurt. Bei so einer steilen Karriere ist es eigentlich umso verwunderlicher, dass Elisabeth Cruciger nicht viel mehr Berühmtheit erlangte.

Ensemble aelbgut

Ihr Liedtext “Herr Christ, der einig Gotts Sohn” beschäftigt sich mit der Hoffnung darauf, dass “das Wort Fleisch wird”- also dem Glauben daran, dass die Figur Jesus alles Heilsversprechen verkörpert und die Verbindung zwischen Himmel und Erde unter den Menschen herstellt. Als Symbol dafür verwendet sie den Morgenstern, der wiederum in weitere bekannte Lieder Einlass gefunden hat. Auch wenn diese Vorstellungen des Christentums für den ein oder anderen befremdlich klingen mag: es ist wohl eine urmenschliche und zeitlose Hoffnung, dass irgendwo eine Antwort lauert, ein Genesen von allen Krisen, eine Verbundenheit mit der Welt.

Sie verwendet für “Herr Christ, der einig Gotts Sohn” eine volkstümliche Melodie des Liedes “Mein Freud möcht sich wohl mehren” aus dem 15. Jahrhundert – eine wirksame Methode, den reformatorischen Gottesdienst offener und zugänglicher für jedermann zu gestalten.

Johann Sebastian Bach benutzte ebendiesen Choral in seiner gleichnamigen Kantate BWV 96 und einer kunstvollen Orgelbearbeitung BWV 601. Das Besondere in der Kantate ist die musikalische Darstellung des Morgensterns mit einer “Flauto piccolo”, die in der Instrumentierung hervorleuchtet.

Das Programm MORGEN:STERN vereint die volkstümlichen musikalischen Wurzeln des Werks von Elisabeth Cruciger mit ihren eigenen Kompositionen, mit Werken aus dem Umfeld des “Erfurter Enchiridions” und den weiteren Verarbeitungen, die wir z.B. bei J.S. Bach finden. Der Morgenstern und seine Symbolik spielen dabei die zentrale Rolle:

Die Hoffnung, dass Worte und Versprechungen sich endlich bewahrheiten, ist wohl zeitlos – nicht nur in der Erzählweise des Christentums.

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