FLYING IN THE DARK – Ein Dialog über vier Jahrhunderte

So. 08.10.2023 um 17 Uhr

gefördert von

DULZIANCONSORT
DOUBLE REED TALES BERLIN
Nora Hansen | Dulzian
Monika Fischaleck | Dulzian
Elisabeth Kaufhold | Dulzian
Claudius Kamp | Dulzian
Adrian Rovatkay | Dulzian

Gast:
Laura Robles | Percussion

Bild: Nika Korniyenko
Bild: Peter Tümmers

Melancholie als kulturelles Phänomen

Zu manchen Zeiten legt sich über eine kulturelle Epoche etwas wie ein „dunkler Schleier“. Von den Menschen als bedrohlich empfundene Veränderungen wirken sich auch auf die Künste aus. Eine solche „melancholische Phase“ gab es in England im 16. Jahrhundert: der vielleicht bekannteste Protagonist war Shakespeares grüblerischer Prinz Hamlet. Eines der berühmtesten Lieder dieser Zeit ist „Flow my tears“ von John Dowland, das in unzähligen Variationen und Bearbeitungen aufgegriffen wurde und offensichtlich das Lebensgefühl einer traurigen Verlorenheit traf, die viele erfaßt zu haben scheint. Dieses Lied verarbeitete Dowland auch meisterhaft in seinen „7 Pavans or 7 Teares“ (1604), von denen wir 2 in unserem Programm in einer Fassung für Dulzianconsort vorstellen.

Traurigkeit und Lebensfreude

Zusammen mit der Traurigkeit erscheint als „Gefühlspartnerin“ aber auch immer die Sehnsucht nach Hoffnung und Lebensfreude, was sich auch immer in der Alten Musik finden läßt: so wird eine gemessene Pavane des 16. Jahrhunderts zumeist von einer schnellen und munteren Galliarde begleitet. Dieses Pendeln zwischen den Gefühlen: „Himmelhochjauchzend- zu Tode betrübt“ bildet einen reizvollen Kontrast für einen äußerst abwechslungsreichen Konzertabend.

Das Gefühl einer unterschwelligen Traurigkeit und die Sehnsucht, sich davon zu befreien und wieder hoffnungsvoll „freier durchzuatmen“ verbindet Menschen auch über Jahrhunderte hinweg.

So stellten wir bei den Forschungen zu Dowlands Stücken fest, dass im Text immer wieder Anklänge und Ähnlichkeiten zu einem weiteren meisterhaften englischen Song zu finden sind: “Blackbird“ von Paul McCartney (1968).

Flow, my tears, fall from your springs!
Exiled for ever, let me mourn
Where night’s black bird her sad infamy sings
There let me live forlorn…

–        Dowland

 

…Blackbird fly, blackbird fly
Into the light of a dark black night

Blackbird singing in the dead of night
Take these broken wings and learn to fly…

–        McCartney

Während Dowland vor allem die subjektive, unentrinnbar scheinende Traurigkeit besingt  (den Begriff der Depression gab es damals noch nicht), geht es bei Mc Cartney (der sich musikalisch auch auf die Bourée aus der Lautensuite BWV 996 bezieht) auch wesentlich um die gesellschaftlich „dunkle Zeit“ kurz nach der Ermordung von M.L. King 1968.

In unserer ebenfalls „beschatteten“ Zeit der Unsicherheit und unbestimmten Zwischenräume begegnen sich beide Lieder im Dialog über 4 Jahrhunderte hinweg: der Jazz Komponist Nikolai Thärichen verknüpft beide Stücke in instrumentalen Solo- und Ensemblefassungen und bietet Raum für das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Improvisationsstile.

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